Bis um 3.00 in der Nacht habe ich überlegt, mich ins Auto zu setzen und ins Klinikum zu fahren.
Dann aber siegt doch die Vernunft und ich falle in einen tiefen Schlaf.
Als ich erwache, fällt mir sofort die letzte Nacht, der Anruf, der Krankenwagen, mein aufgelöster
Vater, das Aneuyrisma....und schlussendlich meine Mutter ein. Es war kein Traum! Mein Gott,
es war kein Traum! Ich rappele mich auf...
Vormittags, gerade als meine Schwester und ich Garten bei einem Kaffee sitzen, kommt das Auto
meines Vaters den Weg entlang gefahren. Erstarrt sitzen wir da, rechnen mit einer schlimmen
Nachricht.....war doch abgesprochen, dass er uns erstmal anruft. Nein, keine neue Hiobsbotschaft,
er wollte einfach nur zu uns und nicht zu Hause sein. Den zuständigen Arzt auf der Intensivstation
hat mein Vater erreicht; wir sollen am späteren Nachmittag da sein, dann wären die Untersuchungen
abgeschlossen. Mit einem mulmigen Gefühl fahren wir nach Schwerin, das Radio bleibt aus.
Meine Tochter Luise, gerade 18 Jahr alt geworden, ist auf eigenen Wunsch mit dabei.
Die Intensivstation nennt sich B2 und ist einfach zu finden. Immerhin müssen wir nicht endlose Gänge
abschreiten. Vor der Tür ist ein Lautsprecher samt Klingel angebracht. Mein Vater und ich melden
uns zuerst an. Die Tür wird geöffnet, eine nette Schwester nimmt uns in Empfang. Wir müssen unsere
Hände desinfizieren. Dann atme ich tief durch.
Das Krankenzimmer ist groß, das Fenster auch. In der Mitte des Raumes steht das Bett, umgeben von
vielen Apparaturen. Beim Anblick meiner Mutter muss ich sofort weinen. Es tut so weh, sie so daliegen
zu sehen. Um den Kopf hat sie einen großen Verband. Schläuche in der Nase, Schläuche im Mund.
Ich gehe langsam zu ihr, schaue sie mir an.....ich lasse die Tränen laufen. Mein Vater ist stumm,
geht mit gesenkten Kopf hin und her, ab und zu räuspert er sich. Es ist für uns beide einfach zu
viel...der Anblick unsere geliebten Mama.
Ein recht junger Arzt kommt und klärt uns über die aktuell Situation auf:...großes Aneuyrisma,
kritischer Zustand, OP erstmal gut überstanden, hat nichts zu sagen, Komplikationen können
weiterhin kommen... Gehirndruck muss kontrollierbar bleiben....das ist am wichtigsten...
Während der Arzt berichtet, stehe ich bei ihr und halt ihr Hand, berühre sie an der Schulter....
das fühlt sich gut und natürlich an.
In meine Tasche habe ich einen kleinen Metallengel. Mama, den ich wollte ich Dir so gerne
umhängen! Ich nehme ihn wieder mit, weil ich nicht dazu kam zu fragen.
Nachdem der Arzt geht, bleiben wir noch kurz da, dann gehen wir in den Wartebereich. Meine Tochter
und meine Schwester sitzen auf dem Fußboden und erzählen sich irgendetwas lustiges.
Beide beschließen, unsere Mutter nicht zu besuchen. Wir fahren zurück. Ich weine im Auto, das Radio
ist wieder aus, ab und zu reden wir über das Erfahrene.
Abends fahre ich zu meinen Schwiegereltern und zu guten Freunden der Familie
( Mama, Erika und Hans-Jürgen denken ganz doll an Dich. Sie sind sehr betroffen. Erika hat geweint.
Wir haben uns lange umarmt. Hans-Jürgen meinte: "Meinen Vater haben sie auch wieder hinbekommen!"....
Ich habe sie gebeten, auch auf Papa zu achten und ein Auge auf ihn zu haben. Dafür sind Freunde doch
da, oder? Ach Mama.....Roswitha hat mich so lieb getröstet, so fest in den Arm genommen und so
warme Worte gefunden. Sie ist eine tolle Schwiegermutter.....Wir haben für dich gebetet, Mama!)
|
Weißt du Mama, wie groß meine Angst um Dich ist? So weit wie der Sternenhimmel! Bleib bei uns, bitte! |